Was steckt wirklich dahinter?

Die Nachricht ließ aufhorchen. Der Luxemburger Katholikenchef Jean-Claude Hollerich höchstpersönlich ist Gründungsmitglied einer neuen Pfadfindertruppe, und zwar dem Ableger der „Europa-Scouten“ in Luxemburg. Harmlose Geschichte meinen die einen, andere sehen es gar als Gegenoffensive der Kirche. In einem Video der „Europa-Scouten“ heißt es: „Que désires-tu?“: „Toucher le concret“, „Croquer la vie“, „Transmettre“, „Prendre des responsabilités“, „Servir“, „Tracer la route“. Nun, all dies tun auch bereits die 8000 Mitglieder der aktuell bestehenden Pfadfinderföderationen in Luxemburg: das Konkrete erleben, das Leben genießen, Fähigkeiten und Wissen an andere weitergeben, Verantwortung übernehmen, der Gesellschaft dienen und den eigenen Lebensweg zeichnen. Es gibt also offenbar keinen Grund für einen neuen Verein.

Doch was steckt wirklich hinter der Gründung? Ein kleiner historischer Rückblick mag helfen. Die FNEL, also der weltliche (neutral und weltoffen in Bezug auf die religionsfreie oder religiöse Weltanschauung ihrer Mitglieder) Pfadfinderverband Luxemburgs, wurde 1916 gegründet. Um diesem entgegenzuwirken, gründete nur drei Jahre später sich das katholische Gegenstück, die „Lëtzebuerger Scouten“, die 1994 mit den 1938 gegründeten „Lëtzebuerger Guiden“ in die aktuelle LGS – Lëtzebuerger Guiden a Scouten fusionierten. Letztere haben  trotz neuer Statuten immer noch eine starke Bindung zum Bistum, auch wenn man nach außen hin versucht, ein weltoffeneres Image abzugeben. Die LGS ist auch mit rund 5000 Mitgliedern der größte Pfadfinderverband Luxemburgs.

Warum also bemüht sich Katholikenchef Hollerich, mit der Vatikantruppe eine weitere katholische Bewegung ins Leben zu rufen? Reicht es wirklich als Erklärung, dass die LGS für Hollerich nicht mehr ausreichend katholisch ausgerichtet ist? Kann es nicht auch sein, dass Jesuit Hollerich einfach mit einer radikaleren Bewegung von der katholischen Ausrichtung der LGS ablenken will? Diese quasi als die Mitte der Gesellschaft erscheinen lassen will, wie es auf politischer Ebene die katholische Partei, die CSV, von sich behauptet im Vergleich zur ADR? Oder geht es um höhere Ziele wie z.B. den bereits ergatterten Sitz der Vatikanjugend im Europarat zu stärken und gar auszubauen, um auch auf dieser Ebene stärker gegen weltliche Verbände zu agieren? Genau dies erleben nämlich momentan verstärkt die European Humanist Federation (EHF) und die International Humanist and Ethical Union (IHEU), denen auch AHA angehört.

Was auch immer dahintersteckt, es sollte nicht mit einem Lächeln abgetan werden. Letztendlich geht es um Manipulation und Indoktrination mit katholischen Ideen, um Einflussnahme und Macht. In einem freien demokratischen Land ist dies natürlich das gute Recht des Katholikenchefs, einen Ableger der Vatikanjugend zu gründen, und das Recht der Eltern, ihre Kinder in eben diese Vatikantruppe zu schicken. Genauso wie auf der anderen Seite alle Eltern die Möglichkeit und das Recht haben, die katholische Masche zu durchschauen und sich nicht von Herrn Hollerich und seinen ebenso reaktionären Chefs im Vatikan Sand in die Augen streuen zu lassen. 

 

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