Krampfhaftes Festhalten am Religionsunterricht von „Fir de Choix“ und Co.
Im Rahmen der Abschaffung des Religionsunterrichts (RU) meldete sich vergangene Woche mal wieder die katholische Initiative „Fir de Choix“ zu Wort, und zwar mit einer scharfen Attacke auf die laizistischen Vereine, die sich kürzlich zum „Cercle de Coopération des Associations laïques“ zusammengeschlossen haben. Die Bistum-gesteuerte Initiative „Fir de Choix“ hat damit zum wiederholten Male ihre intolerante und aggressive Einstellung gegenüber anders denkenden Menschen zur Schau getragen. Auch wenn der Angriff vor allem der Gewerkschaft SEW-OBGL galt, die nicht Mitglied des CCAL ist, so ist dies doch vielleicht ein günstiger Augenblick, um die erstaunliche, jeglicher Logik entbehrende Vorgehensweise der RU-Fraktion („Fir de Choix“, Bistum, Religionslehrer) kurz zu beleuchten.
Im Regierungsprogramm steht, dass die neue Regierung den RU und den Moralunterricht durch einen neuen einheitlichen Ethikunterricht für alle Kinder ersetzen will. Es solle also in Zukunft keine religiöse Indoktrinierung in öffentlichen Schulen geben. Von der RU-Fraktion hört man als Argument für das Beibehalten des RU aber immer wieder, dass doch in der Grundschule rund 70% der Kinder (oder besser deren Eltern) diesen Unterricht wählen. In diesem Fall dürfte es doch überhaupt kein Problem für die RU-Fraktion sein, diesen Unterricht außerhalb der Schule zu organisieren und abzuhalten, z.B. am Sonntagmorgen vor oder nach den Messen oder wie in jedem anderen Verein auch, an schulfreien Nachmittagen. Weil ja, laut RU-Fraktion, dieser Unterricht den Eltern so wichtig sei, würde er sich doch mit Sicherheit gegen den Konkurrenzdruck der Sport- und Musikvereine sowie anderer außerschulischer Aktivitäten durchsetzen..., oder etwa nicht? Selbst die Finanzierung eines solchen außerschulischen Kurses dürfte mit der ausgearbeiteten Regelung zwischen Regierung und Kirche (keineswegs eine Trennung von Staat und Kirchen) kein Problem darstellen.
Warum also hält die RU-Fraktion trotz dieser für die katholische Kirche positiven Situation auf Biegen und Brechen am RU in den öffentlichen Schulen fest und wehrt sich mit Händen und Füßen gegen den einheitlichen Werteunterricht ohne religiöse Elemente? Warum übt sie massiven Druck auf Bildungsminister Claude Meisch aus, so dass dieser als Hauptverantwortlicher für die Ausarbeitung des Werteunterrichts einen religionsorientierten und philosophiefeindlichen Schweizer Professor unter Vertrag nimmt? Warum setzt die RU- Fraktion alles daran, dass sich der neue Werteunterricht entgegen dem Regierungsprogramm aus Elementen der beiden bisherigen Kurse, also auch aus inhärent religiösen Elementen zusammensetzen soll?
Genau an diesem Punkt sollten bei allen Eltern mit Kindern, vor allem im Grundschulalter, in ganz Luxemburg die Alarmglocken schrillen. Die RU-Fraktion beweist nämlich durch diese aggressive, aber inkohärente und hypokritische Vorgehensweise eindeutig, wie unendlich wichtig es ihr ist, die Kinder im Grundschulalter unter ihren pseudo- intellektuellen Einfluss zu bringen. Sie weiß natürlich ganz genau, dass kaum ein Kind einen außerschulischen RU besuchen würde und somit die Mehrheit der Kinder (und zukünftigen Erwachsenen) nicht mehr der Indoktrinierung und den Märchengeschichten der Kirche verfallen würde. Auf kurz oder lang würde dies das Ende der archaischen Machtposition der katholischen Kirche in Luxemburg sowie ihrer Bevormundung der luxemburgischen Bevölkerung und zeitgleich den Übergang in eine aufgeklärtere und weltoffenere Gesellschaft bedeuten.
Die Regierung und allen voran Bildungsminister Claude Meisch sollten sich die Frage stellen, ob sich mit der angedachten Herangehensweise wirklich die Inhalte des Regierungsprogramms umsetzen lassen und im gegensätzlichen Fall ihre aktuell eingeschlagene Richtung selbst hinterfragen und gegensteuern. Beim geringsten Anzeichen von Druck der RU-Fraktion nachzugeben ist jedenfalls nicht der richtige Weg. Sollte sich nämlich der neue Werteunterricht als verkappter Religionsunterricht entpuppen, so hätte die Regierung einen gewaltigen gesellschaftspolitischen Rückschritt zu verantworten und so manch ein Wähler würde 2013 wohl zum letzten Mal eine Partei der blau-rot-grünen Koalition gewählt haben.
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